Öffentliche Bekanntmachung
Tierseuchenrechtliche Allgemeinverfügung des Landkreises Potsdam-Mittelmark zum Schutz gegen die Aviäre Influenza (Geflügelpest) vom 29.09.2023
Öffentliche Bekanntmachung des Landkreises Potsdam-Mittelmark
Tierseuchenallgemeinverfügung - Zum Schutz gegen die Aviäre Influenza (HPAI, Geflügelpest) vom 29.09.2023
Anordnung zusätzlicher Maßnahmen
Die andauernde enzootische Geflügelpest-Lage bei Wildvögeln in Deutschland und dem Land Brandenburg ist mit einem Eintrags- und Verbreitungsrisiko für Hausgeflügelbestände verbunden. Der Vogelzug, kühlere Temperaturen und eine schwächere UV-Strahlung begünstigen ein Überdauern von HPAI-Viren in der Umwelt.
Der Landkreis Potsdam-Mittelmark erlässt zum Schutz gegen die Geflügelpest folgende
Tierseuchenallgemeinverfügung
I. Geflügelausstellungen, Geflügelmärkte und Veranstaltungen ähnlicher Art
- dürfen nur in geschlossenen Räumen durchgeführt werden,
- das aufgestellte Geflügel ist innerhalb von 7 Tagen vor jeweiliger Veranstaltung virologisch auf das hochpathogene aviäre Influenzavirus (Geflügelpestvirus) untersuchen zu lassen.
- Die Probenahme zur virologischen Untersuchung (kombinierter Rachen- und Kloakentupfer) ist durch einen amtlichen Tierarzt untersuchen und durch ein akkreditiertes Labor untersuchenzu lassen.
II. Abgabe von Geflügel im Reisegewerbe
- 4. Geflügel darf außerhalb einer gewerblichen Niederlassung oder, ohne eine solche Niederlassung zu haben, gewerbsmäßig nur abgegeben werden, wenn es 4 Tage vor Abgabe klinisch, tierärztlich untersucht wurde oder im Fall von Enten und Gänsen virologisch mit negativen Ergebnis auf das hochpathogene oder niedrigpathogene aviäre Influenzavirus (Geflügelpest) untersucht wurde (kombinierter Rachen- und Kloakentupfer). Das Ergebnis der Untersuchung ist mitzuführen und mindestens ein Jahr aufzubewahren.
Hinweis:
Bei Enten und Gänsen jeweils an Proben von 60 Tieren je Bestand. Werden weniger als 60 Tiere gehalten, dann sind alle Enten und Gänse des Bestands untersuchen zu lassen.
Punkt 4 gilt nicht für Geflügel, welches unmittelbar zur Schlachtung abgegeben wird.
Geflügel sind Hühner, Truthühner, Perlhühner, Rebhühner, Fasane, Laufvögel, Wachteln, Enten und Gänse.
Gehaltene Vögel sind Geflügel oder in Gefangenschaft gehaltene Vögel anderer Arten.
III. Allgemein
5. Soweit die Anordnungen dieser Allgemeinverfügung nicht von Gesetzes wegen sofort vollziehbar sind, wird die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VWGO), insbesondere im Punkt 1 dieser Verfügung, angeordnet. Im Übrigen ergibt sich die sofortige Vollziehbarkeit aus § 80 Abs. 2 Nr. 3 VWGO in Verbindung mit § 37 Tiergesundheitsgesetz (TierGesG).
6. Die Tierseuchenallgemeinverfügung tritt am 02.10.2023 in Kraft und wird damit wirksam.
Der vollständige Wortlaut der Allgemeinverfügung einschließlich der Begründung kann auf der Internetseite des Landkreises Potsdam-Mittelmark unter der Adresse www.potsdam-mittelmark.de eingesehen werden.
Begründung:
Bei der Geflügelpest (aviäre Influenza) handelt es sich um eine hochansteckende, anzeigepflichtige Viruserkrankung des Geflügels, die mit schweren allgemeinen Krankheitssymptomen verläuft und nach Eintrag in einen Hausgeflügelbestand enorme Folgen für den Haltungsbetrieb (unter anderem Tötung des gesamten Geflügelbestands) sowie durch anzuordnende Maßnahmen erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen auf Nachbarbestände und die ganze Region hat. Bei einer hohen Infektionsdosis der Geflügelpestviren, kann die Erkrankung auf Menschen übertragen werden (Zoonose) und gefährliche Krankheitsverläufe hervorrufen. Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) hat in seinen Risikobewertungen das grundsätzliche Risiko der Einschleppung hochpathogener Influenzaviren in Hausgeflügelbestände über infizierte Wildvögel, die ein natürliches Reservoir für das Virus bilden, bestätigt.
Neue Meldungen über infizierte Wildvögel in unserer Region weisen darauf hin, dass sich das Virus landesweit ausbreitet und es jederzeit zu weiteren Fällen in der Wildvogelpopulation kommen kann. Die momentan vorhandenen Temperaturschwankungen führen zu vermehrten Bewegungen beim Wildvogelzug. Kühlere Temperaturen ziehen eine Kälteflucht der Vögel in wärmere Regionen nach sich, bei milderen Temperaturen kehren vor allem die Mittelstreckenflieger aus den aktuell von der Geflügelpest massiv betroffenen südeuropäischen Gebieten zurück.
Das Eintrags- und Verbreitungsrisiko für die Hausgeflügelbestände durch Abgabe von Geflügel im Reisegewerbe und durch Veranstaltungen mit Geflügel ist aus den Erfahrungen des letzten Jahres unter diesen Bedingungen hoch.
Rechtliche Würdigung:
Die Zuständigkeit für den Erlass dieser Tierseuchenallgemeinverfügung ergibt sich aus § 1 Abs. 4 des Ausführungsgesetztes zum Tiergesundheitsgesetz (AGTierGesG), nach dem die Durchführung der Vorschriften des Tiergesundheitsgesetztes und der auf Grund des Gesetztes erlassenen Rechtsverordnungen den Landkreisen und kreisfreien Städten der Kreisordnungsbehörde obliegt. Der Landkreis Potsdam-Mittelmark ist demnach für die Tiergesundheitsüberwachung örtlich und sachlich zuständige Behörde.
Zu den Nummern 1 bis 5
Die Bekämpfung der Hochpathogenen Aviären Influenza ist im EU-Recht unter anderem in der Verordnung (EU) 2016/429 geregelt. Bei der Geflügelpest handelt es sich um eine bekämpfungspflichtige Seuche der Kategorie A nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a in Verbindung mit Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2016/429. Nach Artikel 71 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/429 können die Mitgliedsstaaten zusätzliche Seuchenbekämpfungsmaßnahmen ergreifen, sofern diese den Bestimmungen der vorliegenden Verordnung genügen und zur Bekämpfung der Ausbreitung der gelisteten Seuche erforderlich und verhältnismäßig sind. Solche zusätzlichen Maßnahmen sind in § 4 Absatz 2 der Viehverkehrsverordnung i. V. m. § 7 Absatz 5 (Geflügelausstellungen und Geflügelmärkte) und § 14a Geflügelpestverordnung (Reisegewerbe) verankert.
Die angeordneten Maßnahmen sind zum Schutz vor Verschleppung und Eintrag des hochansteckenden Geflügelpest-Virus in Hausgeflügelhaltungen erforderlich. Die Infektion von gehaltenem Geflügel mit dem Erreger der Hochpathogenen Aviären Influenza würde neben Tierverlusten und schweren Erkrankungsverläufen auch die Tötung aller Tiere der Haltung und weitere einschneidende Maßnahmen sowie wirtschaftlich schwerwiegende Handelsrestriktionen für benachbarte Geflügelhaltungen und Betriebe bedeuten. Bei hoher Infektionsdosis könnten sich mit den infizierten Tieren umgehende Menschen mit der in Einzelfällen tödlich verlaufenden Erkrankung anstecken. Die präventive Pflicht zur Durchführung von Veranstaltungen mit Geflügel und gehaltenen Vögel ausschließlich in geschlossenen Räumen sowie die Maßnahmen diagnostischer Art sind wirksame und geeignete Methoden zum Schutz vor Wildvogelkontakt und somit zur Verhinderung der Virusausbreitung und Einschleppung aus dem Wildvogelbestand. Sie stellen gleichsam das mildeste Mittel für die Tierhalter dar. Die Verhältnismäßigkeit ist gegeben, da andere geeignete und weniger einschneidende Maßnahmen mit der gleichen Wirksamkeit zum Schutz vor Verschleppung und Eintrag der Geflügelpest in Hausgeflügelbestände nicht zur Verfügung stehen.
Zu Nummer 6:
Gemäß § 80 Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung wurde, insbesondere im Punkt 1 dieser Verfügung, die sofortige Vollziehung der Maßnahmen angeordnet. Ein besonderes öffentliches Interesse ist durch die Gefahr des Eintrags des hochansteckenden Geflügelpest-Erregers über infizierte Wildvögel in Hausgeflügelbestände und den damit einhergehenden erheblichen gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen gegeben. Der Erreger der Geflügelpest ist ein mutationsfreudiges, hochansteckendes Virus mit zoonotischem Potential, welches eine akut verlaufende Erkrankung mit schweren allgemeinen Symptomen und meist tödlichem Ausgang verursacht. Der Schutz hoher Rechtsgüter wie die Gesundheit von Mensch und Tier erfordert ein Zurückstehen der Individualinteressen etwaiger Geflügelhalter am Eintritt der aufschiebenden Wirkung infolge eines eingelegten Rechtsbehelfs. Das öffentliche Interesse an umgehenden Bekämpfungsmaßnahmen zum Schutz gegen eine Weiterverbreitung der Seuche überwiegt.
Zu Nummer 7:
Gemäß § 1 Absatz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Brandenburg in Verbindung mit § 41 Absatz 4 Verwaltungsverfahrensgesetz gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt bei öffentlicher Bekanntmachung zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann als ein hiervon abweichender Tag jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden. Da die Schutzmaßnahmen im Interesse eines wirksamen Schutzes vor der Verbreitung der Geflügelpest unverzüglich greifen müssen, wurde von dieser Regelung Gebrauch gemacht.
Rechtsvorschriften:
- Tiergesundheitsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. November 2018 (BGBl. I S. 1938), in der derzeit gültigen Fassung
- das Gesetz zur Ausführung des Tiergesundheitsgesetzes (AGTierGesG) ind er Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 2001 (GVBl.I/02, [Nr.02], S14) in der derzeit gültigen Fassung
- Verordnung zum Schutz gegen die Verschleppung von Tierseuchen im Viehverkehr (Viehverkehrsverordnung - ViehVerkV), in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Mai 2020 (BGBl. I S. 1170), in der derzeit gültigen Fassung
- Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest (Geflügelpest - Verordnung) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2018 (BGBl. I S. 1665, 2664) in der derzeit gültigen Fassung
Anmerkungen:
Auf eine vorherige Anhörung der betroffenen Geflügelhalter wird gem. § 28 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) verzichtet.
Hinweise:
Verstöße gegen die in dieser Allgemeinverfügung getroffenen Anordnungen und Maßnahmen stellen Ordnungswidrigkeiten i. S. von § 32 Abs. 2 Nr. 3 Tiergesundheitsgesetz i. V. m. § 64 Geflügelpest - Verordnung dar. Die Ordnungswidrigkeit kann nach § 32 Abs. 3 Tiergesundheitsgesetz mit einer Geldbuße bis zu 30.000,00 € geahndet werden.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Tierseuchenallgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch eingelegt werden. Der Widerspruch ist beim Landrat des Landkreises Potsdam-Mittelmark, Fachdienst Veterinärwesen, Niemöllerstraße 1, 14806 Bad Belzig, einzulegen.
Durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung bzw. da die Anfechtung von Anordnungen dieser Verfügung gemäß § 37 Nr. 2 TierGesG in Verbindung mit § 80 Abs.2 Nr. 3 VwGO keine aufschiebende Wirkung hat, ist den Anordnungen selbst bei der Einlegung eines etwaigen Widerspruchs nachzukommen. Es kann gemäß § 80 Abs. 5 VwGO beim Verwaltungsgericht Potsdam, Friedrich-Ebert-Str. 32 14469 Potsdam beantragt werden, dass die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise angeordnet wird oder die aufschiebene Wirkung ganz oder teilweise wiederhergestellt wird.
Ch. Kraft, Amtstierärztin - Dienstsiegel -